Angekommen

Kilometerzaehler

Am Freitag den 1. August 2014 ist es soweit. Ich habe schon nach einem halben Tag im Büro ein schönes Wochenende gewünscht und eile nach Hause. Dort warten mein Sohn und sein Opa schon auf mich. Alle „brennen“ darauf endlich den Weg nach Gotha anzutreten. Ich hatte Montag zuvor den Wagen schon angemeldet und die Schilder per Paketdienst voraus geschickt.

Ausserdem habe ich am Donnertag eine grosse Blechkiste im Baumarkt besorgt und einen Verbandskasten, ein Warndreieck und vier Warnwesten darin deponiert. Irgendwo muss das Zeug ja hin und in meiner Erinnerung gab es keine Klappen und Staufächer wie das in den heutigen Autos üblich wäre. Die Kiste bekommt unten ein paar Gummifüsse und oben einen Aufkleber mit dem Hinweis, dass sich hier der Verbandskasten befindet. Weil ich es ziemlich cool finde, dass man für schlappe 2,95 EUR einen eigenen Schriftzug als Aufkleber bekommen kann, kommt gleich noch ein Hinweis, zu welchem Auto diese Kiste gehört, dazu. Lediglich die Farbe der Box ist ein wenig … grenzwertig. Aber Knallrot fällt auf, also erfüllt sie ihren Zweck. Wenn ich noch ein original Bordwerkzeug Set finde, soll es ebenfalls in die Kiste und wenn dann noch Platz ist, kommt noch ein Abschleppseil dazu.

KISTE

Nun ja, auch so war die Kiste jetzt schon nicht mehr federleicht und ein wenig sperrig, aber wir fahren ja nur mit drei Zügen und das sollte doch kein Problem sein. Auch wenn einige Wasserflaschen und etwas Wegzehrung ihren Platz darin fanden.

Die Tickets hatte ich schon lange gebucht und so fuhren wir zu dritt mit der Deutschen Bahn von Gau-Algesheim nach Gotha. Ich muss gestehen, nicht der Bahnprofi zu sein. Ich fliege lieber und Bahn fahren ist mir immer ein wenig ein Graus. So habe ich für die Fahrt von Gau-Algesheim nach Mainz (1. Zwischenstation) nicht nachgesehen von welchem Gleis der Zug abgeht. Bei drei Gleisen ist das alles auch recht übersichtlich. Nun, auf Gleis 3. steht was von Richtung Mainz, also bewegen wir uns dort hin, ein wenig beeilt, denn wir sind knapp dran.

Während wir so da stehen, kommt auf Gleis 1 der Zug nach Mainz, den wir hätten nehmen sollen. Ein IC, der den nächsten Halt in Mainz hat. Eine Minute später kommt die Regionalbahn nach Mainz auf Gleis 3. Der hält an jedem Briefkasten und braucht knapp 10 Minuten länger als der von Gleis 1. Der Anschlusszug nach Frankfurt fährt aber nach Plan 7 Minuten nach des Eintreffen des ICs von Gleis 1. Kurzum … die Reise beginnt mit ein wenig Stress. Sohnemann den Tränen nah, Opa entspannt und Papa sauer auf sich selbst, weil er nicht vorher nachgesehen hat. An jedem Bahnhof an dem wir halten, mag man laut die Leute zur Eile ermahnen.

Die Regionalbahn ist zwei Minuten zu früh und der Zug nach Frankfurt zwei Minuten zu spät. Wir eilen auf dem Mainzer Hauptbahnhof von Gleis 4 auf Gleis 5 und können direkt einsteigen. Am Fernbahnhof des Frankfurter Flughafens steht auch schon der ICE nach Leipzig, der uns bis nach Gotha bringt. Ich komme mit den Wagennummern und dem Wagenstandsanzeiger nicht zurecht. Oder aber der stand an dem Tag anders als auf dem Plan. Jedenfalls sind das zwei ICEs aneinander gekoppelt und wir steigen ganz hinten ein, weil es nach Plan so sein soll.

Im Zug ist dann aber schnell klar, dass unsere Plätze am anderen Ende des Zuges sind. Weil mein Sohn aber panische Angst hat, dass der Zug ohne uns abfahren könnte, gehen wir den kompletten Zug, mit der Kiste im Arm, von hinten bis zur Ankopplung des weiteren Zuges, unter Protest kurz raus und wieder rein und dann weiter bis zum Anfang des Zuges, wo unser Abteil ist. Nass und leicht gereizt setzen wir uns und schon nach wenigen Minuten geht es los.

Mal abgesehen davon, dass man im Zug wirklich nur selten Empfang mit dem Mobiltelefon hat und Surfen oder Mail lesen nur sporadisch gehen (der Hotspot ist auch nicht zuverlässig), verlief die weitere Zugfahrt vollkommen entspannt und nach knappen 2 Stunden steigen wir in Gotha aus.

Zur GFG sind es nur wenige hundert Meter die Strasse runter und dann links. Noch immer mit der Kiste im Arm (die auch durch den Verbrauch von Wasserflaschen und Wegzehrung nicht merklich leichter wurde) erreichen wir unser Ziel gegen 16 Uhr.

Der G lacht uns schon von weitem an. Strahlt in lapisblau Metallic und sieht auf den ersten und zweiten Blick gut aus. Wir treffen den GF der GFG und bekommen die Schlüssel.

Ferospektion

Der Blick auf den Kilometerstandanzeiger sagt 45851 Km. Legen wir noch 100000 drauf und dann wird das stimmen. Wir klettern rein, drunter, drauf und inspizieren den G von allen Seiten. Die BBS Felgen sind drauf, das Verdeck sieht noch ganz gut aus, die Sitze sind toll geworden. Es gibt hinten zwei Beckengurte. Die Kupplung ist dran. Der Motor springt auf Anhieb an. Alles sieht gut aus, bis auf den Lack.

Bei näherer Betrachtung fallen mir als erstes einige grosse Nasen auf der Motorhaube und an der hinteren rechten Flanke auf. Unschön. Dann sehe ich an den Türbändern, daß dort nicht sauber gearbeitet wurde und wenn die Fahrertür ganz geöffnet wird, schabt sich ein Stückchen Lack an der Tür ab. Sehr unschön. Kollege Wiesel, nicht minder sauer, möchte den Wagen am liebsten direkt zum Lackierer zurück bringen, aber ich will ihn jetzt mitnehmen. Ergo vereinbaren wir, dass ich ein anderes Türband geschickt bekomme und ich nehme den Farbrest mit. Gegenüber meiner Arbeitsstelle ist ein Lackierer und Karosseriebauer, der wird mir das richten. So der Plan.

Wir suchen und finden nicht den Hebel zum Öffnen des Verdecks, der mal im Handschuhfach des 280GE lag. Daniel wird ihn mit dem Türband nachsenden. Die Karosse des 280GE steht schon auf dem Platz zur Abfahrt zum Altmetall und der Rahmen nebst Motor und Kleinteile erfreuen sich eines trockenem Plätzchens in der Halle.

Nicht zuletzt wegen der erheblichen Mehrarbeiten („3 Wochen geschweisst“) entschliesse ich mich die Reste des 280GE zu einem kleinen Preis an die GFG zu verkaufen. Ich habe keine weitere Verwendung dafür und auch keine Lust mich selbst um den Verkauf der Teile zu kümmern. Ich denke mein Angebot war gut, denn wir werden uns ohne Handeln sofort einig.

Kurz und knackig entern wir den G und los geht’s, zur Tankstelle. 96l sollen in den neuen Tank aus Kunststoff passen. Die Tanknadel ist von Reserve noch entfernt und ein Licht ist auch nicht an. Ich tanke voll und denke mir auch nichts dabei, dass knapp 91l Super in den G laufen. Erst als ich noch Ventilreiniger hole und vom bezahlen zurück komme, sehe ich das Problem deutlich. Der G steht in einer grossen Pfütze Super 95.

Mein erster Gedanke, der Tank leckt. Der Tankstellenbetreiber bleibt entspannt, die Umwelt habe ich leider ein wenig angestrengt, aber passiert ist dann zum Glück weiter nichts. Es lief auch nichts weiter nach. Aber dennoch, ich rufe natürlich gleich an, denn wenn der Tank leckt, kann ich damit nicht fahren. Die Kenner werden die Pointe schon erahnen … natürlich ist der Tank nicht undicht, sondern ich habe immer fleissig weiter getankt und dabei wiederholt die Abschaltung der Zapfpistole überschrieben. Damit läuft dann freundlich das Benzin über den Überlauf raus. Anfängerfehler. Nach kurzem Check bei der GFG, ob es das auch wirklich war, treten wir ein weiteres Mal den Weg zurück nach Appenheim an. Noch schnell ein Gruppenfoto und schon geht es los.

Abholung GFG in Gotha
Abholung GFG in Gotha

Ich bin überrascht wie gut der Wagen unten herum von der Stelle kommt. Auch wenn die ersten drei Gänge schon bei 50 km/h nicht mehr gebraucht werden, kommt einem der 4 Gang wie eine kleine Automatik vor. Die Bremsen meines W212 gewohnt, muss ich mich hier umstellen. Man muss schon ordentlich Kraft aufwenden und es dauert auch einiges länger bis die knapp 2t verzögern. Er fährt sich aber dennoch sehr ordentlich.

Kaum auf der Autobahn angekommen probieren wir bei dann bei warmen Motor mal aus welche Geschwindigkeit denn für die Reise opportun ist. Wo sich also die Kurven des Lärmpegels und der Geschwindigkeit so überschneiden, dass es für alle Insassen erträglich ist. Wir kommen auf knapp 95 km/h. Wobei ab 80 km/h die Verdeckleiste auf dem Scheibenrahmen fürchterlich anfängt zu quietschen. Mit ein wenig Druck auf die Leiste von innen, und im Anschluss mit einem kleinen gefaltetem Papierchen zwischen der Leiste und Scheibenrahmen, hört man nur noch das Verdeck schlagen und den Motor brummen. So soll es sein, der Sonne entgegen. Wir brauchen knapp 4h bis wir glücklich und müde in Appenheim ankommen.

„Warum ein G“ oder „Wie ich auf den G kam“

Kilometerzaehler

Von Kindesbeinen an, war alles mit Motor was auf vier bzw. zwei Rädern fuhr, schwamm oder flog ein fester Bestandteil meiner Gedankenwelt. Vor ca. 5 Jahren erreichte der Wunsch nach einem „Spielzeug“ ein Niveau welches nicht mehr zu ignorieren war.

Die Parameter des Spielzeuges … Offen und vier Sitze, damit die ganze Familie mit kann. Historisch, damit wir auch an Oldtimer Rallyes, Ausfahrten und Treffen teilnehmen könnten. Eigentlich hatte ich noch V8 und 1000 PS auf dem Wunschzettel, aber ich merkte schnell, dass irgendwo auch Kompromisse nötig sind.

Leider schieden bei diesen Parametern einige der „Klassiker“ aus. Ein alter SL zum Beispiel hätte mir gefallen. Auch ein offener 911, am besten mit „meinem“ Baujahr. Oder ein Alfa Spider. oder, oder, oder … Aber alles ohne vier Sitze. Plötzlich merkt man doch, dass offene 4 Sitzer nicht so oft vorkommen. Ein W111 wäre schön, aber unbezahlbar. So ging das immer weiter, entweder sehr teuer, oder nicht mein Fall. Ich wollte auch keinen VW Golf haben. Ein offener W124 war mir auch zu langweilig.

Eine schöne Erinnerung an die eigene Jugend war die Antwort. Ein offener 300GD war in der Zeit recht präsent. Er gehörte den Eltern eines sehr guten Freundes, welche auf einer Burg ein Restaurant betrieben.

Die Burg steht auf einem Berg, inmitten eines Waldes. Der Weg dorthin ist steil und im Winter nicht geräumt. Einer der Gründe warum der G hier eine perfekte Wahl war. Wie das mit den „Jungs“ so ist, hatten wir mit dem Wagen viel Spass, sowohl auf und abseits des Asphalts.

Es ist verjährt, deshalb kann man es wohl schreiben. 1990, als wir mal wieder Fussball Weltmeister wurden, fuhren wir mir den G nachts offen durch die Stadt … in meiner Erinnerung waren 10 und mehr Leute im Auto und grölten, hupten und feierten. Ein Ereignis das man sein Leben nicht mehr vergisst (die WM) und auch nicht die Umstände mit denen man es erlebt hat.

Eine weitere schöne Erinnerung war dann eine Fahrt mit vier Jungs in die Sommerferien nach Süd-Frankreich. Die Fahrt hat eine kleine Ewigkeit gedauert, aber wir hatten vor allem auch viel Spass. Der G war immer dabei.

Sehr weit entfernt von 1000PS! Einen V8 gab es zu der Zeit im Serien G-Modell auch nicht. Also machte ich mich auf die Suche nach einem zivilen offenen 280GE der bald ein H Kennzeichen bekommen könnte oder schon eines hat. Das war 2010.

Leider musste ich schnell feststellen, dass die G’s nicht sehr weit verbreitet sind und Autos mit historischer Zulassung eher Seltenheitswert hatten. Für mich kam erschreckend hinzu, dass die angebotenen Wagen oft weit entfernt vom dem waren, wie sie mal ausgeliefert wurden, oder sich in einem Zustand befanden, den man als „Schrott“ bezeichnen muss.

Es mag daran liegen, dass ein G nicht nur wie ein Nutzfahrzeug aufgebaut ist, sondern auch wie ein solches behandelt wird und wurde. In einem entsprechendem Zustand befinden sich die Autos dann auch nach 20 Jahren Dienst im Wald, auf dem Feld, bei der Feuerwehr, dem Bundesgrenzschutz oder als Lastesel vor grossen Anhängern mit Pferden und Booten. Da nur „Mittel zum Zweck“ scheint die Pflege oft nicht wichtig gewesen zu sein.

Eine Militär Version des G, also den Wolf, wollte ich auch nicht haben. Die Klappscheibe find ich doof. Die Militär G’s haben zum allergrößten Teil den 240er Diesel. „Historisch“ ist das dann auch nicht, wenn man den vollständig umbaut und am Ende kein Wolf sondern ein anderes Auto auf dem Hof steht. Auch wenn die historische Authentizität nicht im Vordergrund steht, sollte der Wagen doch wenigstens in die Richtung gehen, die ein Auto diesen Typs in seinem Leben gegangen sein könnte.

Im Juni 2012 habe ich dann eine vielversprechende Anzeige im Netz gefunden. Nach 2 Jahren der Suche, dachte ich am Ende angekommen zu sein. Was ich zu der Zeit nicht wusste, der Weg sollte noch lang und steinig werden …